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Das Gefühl unbedingter Freiheit …

Daniel Hautmann ist heilfroh, dass er im Journalismus gelandet ist: „Ich bin total stolz und froh, dass ich erreicht habe, wo ich hin wollte.“ In anderen Jobs könne man zwar viel mehr Geld verdienen, aber: „Du lernst jeden Tag was dazu, lernst neue Leute kennen und erweiterst deinen Horizont. In welchem Job gibt es das schon? Letzten Endes ist es ein Geschenk, und du bekommst sogar noch etwas Geld dafür.“

Hautmanns großes Thema ist der Wind. Er trug ihn schon als jugendlicher Segelflieger in Stuttgart hoch hinauf in die Lüfte. Alleine fliegen zu dürfen, war ein Gefühl unbändiger Freiheit.

Seinem Vater folgend zog es ihn noch viel früher mit Surfbrett und Segel auf süddeutsche Seen und nach Südfrankreich. Bis heute ist er mit Leib und Seele Windsurfer, lässt sich jetzt vom norddeutschen Wind über die Ostseewellen tragen. „Wenn du Windsurfer bist, gehst du halt, wenn der Wind weht und nicht ab Freitag, 17 Uhr. Arbeiten kannst du als freier Journalist ja auch zu anderen Zeiten.“

… die besten Voraussetzungen …

Doch wie oft im Leben, waren es viele Zufälle, die Hautmanns Weg lenkten. Es begann mit seiner Ausbildung als Industriemechaniker bei einem süddeutschen Maschinenbauer. So richtig begeistert war er anfangs nicht davon. „Aber im Nachhinein gesehen war das ein Riesenglücksfall. Es war eine grandiose allgemeine Ausbildung für Technologie: Drehen, Fräsen, Schweißen, Programmieren, Hydraulik, Pneumatik, Elektrik.“ Im Segelflugverein lernte er dann auch noch den Umgang mit Glasfaserwerkstoffen.

Das waren die besten Voraussetzungen dafür, dass er später als Journalist Technik, Energie und Umwelt, Fortschritt und Nachhaltigkeit miteinander verbinden konnte – und dabei immer am Wind zu bleiben. Zunächst waren es Magazin- und Zeitungsartikel zu erneuerbaren Energien, bei denen immer wieder der Wind eine herausragende Rolle spielte. Irgendwann folgte dann auch das ganz spannende Buch über den Wind und die Geschichte seiner Nutzung. Seine aktuellen Artikel findet man nicht nur auf seiner Webseite, sondern auch hier bei ME2BE.

Dabei blieb es aber nicht. Zusammen mit Freunden und Kollegen produziert Hautmann inzwischen auch im Hamburger Audio-Label „Honig & Gold“ opulente Hörspiele, in denen sich Ton und Texte zu klingenden Geschichten verweben. Dazu gehören Podcasts, Hörspaziergänge und sogar Live-Auftritte. Darunter ein zehnteiliger Podcast, in dem Wind und Stürme akustisch mit Erzählungen und Informationen verschmelzen: Die Reisen und Abenteuer des Föhrer Kapitäns Jürgen Rickmers (1825-1907) durch die Stürme der Weltmeere und der Geschichte. Auch davon gibt es Live-Performances auf Bühnen.

Doch bis dahin sollte es noch ein weiter Weg werden. Denn direkt nach seiner Maschinenbau-Ausbildung wanderte Hautmann erst einmal aus. Sein Ausbildungsunternehmen schickte ihn nämlich über den Atlantik nach New York. Es war die große Chance, nach Elternhaus, Schule und Ausbildung ein völlig neues Leben anzufangen und alle Brücken hinter sich abzubrechen.

Wäre da nicht die Bundeswehr gewesen, die eines Tages seine Dienste einforderte. Ein Wendepunkt, denn er merkte nach zweieinhalb Jahren dann doch, wie sehr er sich nach Europa und dessen Vielfalt zurück sehnte: „Dieser American Way of life war schließlich auch nicht meins.“

Als Kriegsdienstverweigerer fand er sich im Krankenhaus Bad Cannstatt wieder – von einer komfortablen Wohnung auf der Jersey-Seite von New York in einem kleinen Zimmer im Schwesternwohnheim. Dennoch waren die vielen neuen Einsichten aus der sozialen Arbeit wichtige Erfahrungen, die er nicht missen möchte.

… Neuorientierung im Südpazifik …

Ein bitterer Nachgeschmack aber blieb: „Die haben mir meinen gut bezahlten Job in den USA weggenommen. Ich komme zurück nach Deutschland, muss 13 Monate Frondienst leisten, und stehe dann vor dem Nichts.“ Die Arbeitsmarktlage war schlecht, und weil er im Ausland gelebt hatte, gab es weder Arbeitslosengeld noch Beiträge zur Sozialversicherung.

Also neu orientieren. Befreit von der regelmäßigen Pflegearbeit stieg Hautmann in ein Flugzeug nach Australien. Dorthin hatte es einen Jugendfreund verschlagen. Auf einer Segeltour durch die Whitsunday Inseln in der Korallensee des Südpazifik dann die Eingebung: „Ich will Journalist werden.“

Der Plan: Zurück nach Deutschland und Grundlagen für eine Journalistenkarriere legen. Hautmann holte das Fachabitur nach, machte erste Praktika bei Zeitungen.

Es war nicht einfach, mit Mitte 20 erneut durchzustarten. Dennoch: „Das hat bei mir voll den Ehrgeiz geweckt.“ Dabei stand das Lesen in seiner Kindheit nicht besonders hoch im Kurs. Sein erstes Buch las er mit 19 Jahren im Krankenhaus: Charles Bukowskis ‚Der Mann mit der Ledertasche‘. „Zum ersten Mal habe ich damals gemerkt, das Lesen ja Spaß machen kann. Das war so ein Schlüsselerlebnis.“

… Weiterbildung auf eigene Kosten …

Bei den klassischen Journalistenschulen waren Hautmann die Wartelisten zu lang, und die Journalismus-Studiengänge an Fachhochschulen lehnten ihn ab. Doch dann fand er das Richtige: Der Klett-Verlag bot damals eine eigene Weiterbildung zum Fachzeitschriftenredakteur an, für die er allerdings zahlen musste. Dafür kam er aber durch die Übungsartikel schnell in Kontakt mit den großen überregionalen Redaktionen.

Noch vor Abschluss des Kurses bot sich die Gelegenheit, als Reporter nach Afghanistan in den Krieg zu reisen – was für einen angehenden Journalisten natürlich spannender war, als weiter die Schulbank zu drücken.

Aus einem Krisenland zu berichten und mit den Hubschraubern der Bundeswehr über das krisengeschüttelte, exotische Land zu fliegen war für Hautmann nervenkitzelndes Kriegsabenteuer. Kurz vor Weihnachten 2002 dann eine Katastrophe: Einer der CH-53-Transporthubschrauber stürzte bei Kabul ab, wobei alle sieben Besatzungsmitglieder starben. Als Reporter vor Ort war er plötzlich bei vielen namhaften deutschen Medien gefragt. Wie das Leben so spielt: Ein schlimmes Unglück für die einen, ein Glück für ihn. Denn das war der Beginn seines professionellen Journalistenlebens. Doch er wollte anderes.

… der Traum vom Schreiben …

Wieder zurück fing Hautmann an der FH Flensburg ein Studium als Technikübersetzer an, hängte aber auch das bald an den Nagel – der Ruf als Journalist zu arbeiten, war einfach zu stark. Mit seiner technischen Expertise und seinem erzählerischen Talent dann mitten hinein in die politischen, wirtschaftlichen und technologischen Debatten, Kämpfe und Lösungen um die richtigen Wege, die Klimaerwärmung zu stoppen. Erst jetzt war er wirklich angekommen in seinem Traum vom Schreiben, Erzählen, Erklären und Gestalten.

Zu seinem verwirklichten Traum als Journalist gehören aber auch die Fülle an Menschen und an Erlebnissen, die Hautmann kennenlernen und erfahren darf. Der Wind seines Journalistenlebens treibt halt nicht nur Segel und Windräder, sondern drückt auch immer wieder Türen auf, die den Blick für neue Eindrücke freigeben.

TEXT Hanns-J. Neubert (ScienceCom)
FOTO Henning Scheffen

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