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Das können wir besser

Interview mit Hannes Nockel, Skaterampenbauer und Geschäftsführer von Anker Rampen


Wann hast du angefangen, Rampen zu bauen?
Ich skate seit meinem zehnten Lebensjahr, etwa genauso lange baue ich auch Rampen. Es fing mit einer Stichsäge und ein paar alten Holzbrettern an, die ich im Hinterhof zu einer Rampe zusammenbaute. Ich war damals schon unzufrieden mit den Anlagen, die es für Skater gab, und wollte es besser machen.

Wie ging es weiter?
Das erste größere Projekt war der Bau eines Skateparks in Heikendorf, wo ich zur Schule gegangen bin. Die Gemeinde stellte mir – da war ich etwa 15 Jahre alt – und einer Gruppe Jugendlicher Holz zur Verfügung, womit wir eine Anlage nach unseren Vorstellungen gestalten konnten. Darauf folgten weitere Jugendprojekte in Lütjenburg und Burg auf Fehmarn, die ich gemeinsam mit Christian Thomas, der sich ebenso fürs Skaten begeistert wie ich, umsetzen konnte. Mit Christian bin ich übrigens immer noch befreundet, und wir arbeiten auch heute viel zusammen. Er ist Architekt und hat sich auf die Planung von Skateparks spezialisiert.

Kam dir schon als Jugendlicher der Gedanke, mit dem Rampenbau dein Geld zu verdienen?
Die Arbeit mit den Jugendlichen hat mir großen Spaß gemacht, und wir bekamen von den Gemeinden eine kleine Aufwandsentschädigung. Weiter gingen meine Gedanken damals nicht. Ich bin ja noch zur Schule gegangen. Nach dem Abschluss – ich habe meine Fachhochschulreife am Wirtschaftsgymnasium am Ravensberg absolviert – stand für mich allerdings fest, dass ich mit der Wirtschaft nichts zu tun haben möchte. Eine Welt, die sich nur um Profitmaximierung dreht, hat mich sehr abgeschreckt. Also habe ich die Sommer über viel bei einem Zimmermann gejobbt und bin die übrige Zeit herumgereist. Ich war in Mexiko, in den USA, Marokko, Irland und Südafrika, wo ich auch sieben Jahre geblieben bin.

Was hast du in Südafrika gemacht?
Da ein Teil meiner Familie dort lebt, kannte ich das Land von vorherigen Besuchen schon gut. So konnte ich dort weiter als Zimmermann arbeiten, Wellenreiten, Skaten und Rampen bauen. In Südafrika habe ich auch das erste Mal mit Beton experimentiert. Zuvor habe ich immer nur Holz für meine Rampen verarbeitet.

Was brachte dich zurück in den Norden?
Es war eine Anfrage für den Neubau eines Skateparks aus Holz in Heikendorf. Da habe ich sofort zugesagt. Gleich nachdem dieser fertig war, kam die nächste Anfrage der Stadt Kiel für ein Betonprojekt unter der Holtenauer Hochbrücke. Dafür holte ich mir fachkundige Unterstützer direkt aus meinem Freundeskreis. Neben dem Architekten Christian Thomas kannte ich einen Zimmermann und einen Betonbauer. Es gemeinsam aufzuziehen, bot sich förmlich an, denn neben dem jeweiligen Handwerk sind die Jungs auch alle durch und durch Skater.

Muss man Skater sein, um gute Rampen zu bauen?
Ja, das ist schon von großem Vorteil. Viele Firmen, die Rampen bauen, sind eigentlich Spielplatzhersteller, und das, was sie abliefern, ist leider oftmals totaler Mist, mit dem man nichts anfangen kann. Das können wir besser, dachten wir uns. Als Skater wissen wir, wie eine Anlage aussehen muss. Seit wir klein sind, beschäftigen wir uns schließlich damit. So entstand 2009 Anker Rampen: Aus der Gelegenheit heraus, einen Skatepark zu bauen … zusammen mit Leuten, die hoch motiviert waren, etwas Gutes für Skater bauen zu wollen. Während dieses besagten Betonprojektes kam direkt das nächste Angebot, dann das nächste und so fort. Seitdem sind wir nonstop am Bauen.Männer bauen eine Skateboard-Rampe im Freien.

Wieso habt ihr den Anker für den Firmennamen ausgesucht? Steckt da eine tiefere Bedeutung dahinter?
Eigentlich nicht. Aber wir mussten dem Kind einen Namen geben. Zufälligerweise hatten alle Leute, die bei der Gründung mit dabei waren, einen Anker tätowiert. Da war der gemeinsame Nenner gefunden. Ich glaube, ich habe auch noch nie in einer Stadt ohne Hafen gelebt und segle, seitdem ich Sechs bin. Da passt ein maritimes Symbol schon gut.

Was braucht ein guter Skatepark? Worauf ist besonders zu achten?
Das ist ein ziemlich komplexes Thema, aber im Vordergrund sollte immer die Funktionalität stehen. Wir achten sehr darauf, dass man die Elemente richtig anfahren kann. Dafür müssen zum Beispiel die Abstände zwischen den Rampen genau stimmen. Auch die Neigungswinkel, Höhen und Radien müssen perfekt passen. Manchmal entscheiden Nuancen darüber, ob ein Park gut wird oder nicht. Auch die späteren Nutzer sollten immer in die Planung miteinbezogen werden. In Workshops versuchen wir, gemeinsam mit den Jugendlichen, auszuarbeiten, ob sie eher urbane Elemente wie Treppen oder Geländer möchten oder doch organische Formen, die leeren Swimmingpools ähneln. Ist der Platz dafür da, mischen wir auch beide Stile.

Wie wird man ein Skaterampenbauer?
Eine klassische Ausbildung gibt es da nicht. Viele der Jungs fahren seit Jahren Skateboard und sind schon alleine deswegen Experten, wenn es um Rampen geht. Eine handwerkliche Ausbildung ist natürlich von Vorteil, aber viele haben sich ihr Können bei der Arbeit angeeignet. Betonbauer, Zimmermänner, Schweißer sind im Team. Und ein paar Allround-Handwerker, die alles können.
Man darf aber nicht vergessen, dass es ein richtiger Knochenjob ist. Das Team reist für die Aufträge durch ganz Europa. Mehrere Wochen am Stück verbringen sie dann in der jeweiligen Stadt. An Tagen, an denen zum Beispiel der Beton angeliefert wird, arbeiten sie 10–12 Stunden auf der Baustelle. Danach fällt man nur ins Bett. Und am nächsten Tag geht es schon wieder weiter. Die Wintermonate haben wir hingegen frei, weil wir keinen Beton bauen können, wenn Schnee liegt. Diese Zeit verbringen viele in Südafrika oder Spanien. Mit diesem unregelmäßigen Leben muss man in der Branche zurechtkommen. Das kann nicht jeder.

Bist du noch persönlich auf den Baustellen unterwegs?
Leider nicht mehr so viel, wie ich gerne würde. Wir haben eine Bürokraft, die hält mir zum Glück den Rücken frei. Sie regelt den täglichen E-Mail-Verkehr, nimmt die Anrufe entgegen und bereitet die Buchhaltung vor. Ich pendele zwischen Büro, Baustellen und Kundenterminen. Mein Ziel ist es, das gesamte Jahr so zu planen, dass mein Team gut zu tun hat. Bisher klappt das ganz gut. Das nächste Projekt ist bereits in Planung und das darauffolgende auch. Damals hätte ich mir nicht vorstellen können, eine Firma zu leiten. Aber mir gefällt der Gedanke sehr, dass wir alle genau das machen, wofür unser Herz schlägt, nämlich richtig gute Skateparks bauen. Wenn wir damit unsere Miete und das Essen auf dem Tisch zahlen können, umso besser.

Was war dein bisheriger Höhepunkt beim Rampenbau?
Das schönste Referenzprojekt ist die Anlage in Köln, die wir vergangenes Jahr gebaut haben. Sie wurde von Rune Glifberg konzipiert, einem bekannten Profiskater aus Dänemark, der ein absolutes Kindheitsidol von mir gewesen ist. Ihn zu treffen und mit ihm gemeinsam an diesem Projekt zu arbeiten, war schon besonders. Es war mit Abstand unser bisher größtes, aber auch anstrengendstes Projekt. Die viele Arbeit hat sich meiner Meinung nach sehr gelohnt. Der Skatepark ist wirklich besonders gut geworden. Ich glaube aber, dass unser Höhepunkt noch vor uns liegt. Wir entwickeln uns ständig weiter, verbessern die Materialien und versuchen, kommende Projekte noch perfekter zu machen.

Was gefällt dir an Kiel?
Ich glaube, ich musste erst eine Zeit lang weg sein, um die Stadt wieder schätzen zu lernen. Wer nicht in einer Großstadt aufwächst, kann irgendwann den Punkt erreichen, an dem er eine Stadt einfach satt hat. So war es bei mir. Jedes Mal aber, wenn ich zurückgekommen bin, fühlte es sich schnell wieder nach Heimat an. Mittlerweile lebe ich total gerne hier. Ich liebe die Nähe zum Wasser. Ich kann morgens mit dem Hund an den Strand oder kurz vor der Arbeit Schwimmen gehen. In der Stadt finde ich fast alles, was mir wichtig ist. Und wenn nicht, dann muss ich nicht weit fahren, um etwas zu finden. Ich finde Kiel ist die richtige Mischung aus Großstadt und Provinz.

TEXT Katharina Grzeca
FOTO Anker Rampen

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