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Ein Berliner in Brunsbüttel

Frank Schnabel hat es bis ins Eckbüro geschafft: Dritter Stock des Verwaltungsbaus der Brunsbüttel Ports GmbH, am Ende einer windigen Straße mitten im Industriegebiet. Vom Fenster aus sieht man die graue Elbe. Aufgewachsen ist er im damaligen West-Berlin. Sein Vater war Industriearbeiter – das wollte Frank Schnabel nie: Jahrzehntelang denselben Job, dieselbe Firma, dieselben Kollegen. Heute ist er Geschäftsführer dreier Hafenbetriebe und half mit, die Energiekrise in der Folge des Ukraine-Kriegs zu bewältigen: In Rekordzeit entstand in Brunsbüttel ein schwimmendes Flüssigerdgas-Terminal, das die Abhängigkeit von russischem Gas deutlich milderte.

Ein Berliner in Brunsbüttel

Frank Schnabel hat es bis ins Eckbüro geschafft: Dritter Stock des Verwaltungsbaus der Brunsbüttel Ports GmbH, am Ende einer windigen Straße mitten im Industriegebiet. Vom Fenster aus sieht man die graue Elbe. Aufgewachsen ist er im damaligen West-Berlin. Sein Vater war Industriearbeiter – das wollte Frank Schnabel nie: Jahrzehntelang denselben Job, dieselbe Firma, dieselben Kollegen. Heute ist er Geschäftsführer dreier Hafenbetriebe und half mit, die Energiekrise in der Folge des Ukraine-Kriegs zu bewältigen: In Rekordzeit entstand in Brunsbüttel ein schwimmendes Flüssigerdgas-Terminal, das die Abhängigkeit von russischem Gas deutlich milderte.

„Ich wurde nach Amerika verkauft – zum Glück!“

Frank Schnabel verließ Berlin mit wenig mehr als seinem Ehrgeiz, es anders machen zu wollen als sein Vater. „Ich war Marathonläufer und Berliner Vizemeister über 800 Meter und hatte sehr großen sportlichen Ehrgeiz. Ich habe aus dem sportlichen einen beruflichen Ehrgeiz gemacht und mir gesagt, ich gehe jetzt meinen Weg. Und habe Chancen, die sich mir boten, einfach genutzt.“ Nach einem Masterabschluss in Betriebswirtschaft an einer englischen Universität arbeitete er unter anderem bei einer Zellstoff- und Papierfirma – bis diese mitsamt der Angestellten in die USA verkauft wurde. In den USA lernte er die risikoaffine Geschäftskultur kennen und schaffte 2007 den Sprung in die Geschäftsführung der Brunsbütteler Häfen, damals noch mit nur 120 Angestellten. Heute sind es mehr als 600 an 17 Standorten.

Bambusfahrräder?

Frank Schnabel wurde mit Anfang 20 Vater eines Sohnes und kann sich sehr gut an die Mehrfachbelastung erinnern: Berufsausbildung, Erziehung, Partnerschaft. Sein Sohn begleitete ihn an allen Punkten der späteren Karriere, wohl deswegen ist aus ihm ein Unternehmer geworden: Er importierte zunächst Fahrräder aus nachhaltigem Material – Bambus – und betreibt heute eine Kette von Fahrradläden im Norden. Frank Schnabel kritisiert an den Schulen generell, dass sie die Schüler zu wenig auf Unternehmertum vorbereiten. „Lehrer sind zunächst Pädagogen und keine Unternehmer. Vielleicht muss man dafür sorgen, dass Lehrer stärker in Unternehmen gehen, um diese Welt besser zu verstehen und die Erkenntnisse mit in den Schulunterricht nehmen“. Das wahre Manko in der berufsorientierenden Phase sieht er aber in den Elternhäusern. Versäumnisse dort können und sollen Schulen nicht auffangen, nur begleiten und korrigieren. Sein Sohn ging in die Gelehrtenschule Meldorf, eine schon 1540 als Lateinschule gegründete Schule. Von ihr ist Frank Schnabel heute noch begeistert, auch, weil sein Sohn dort im Rahmen eines Projekts schon ein erstes Unternehmen gründen durfte. „Er hat sich schon immer für Geld interessiert. Mit 13 hat er eine Firma gegründet und Poster verkauft. Die hat er aus einer „Bravo“ rausgenommen und einzeln verkauft. Stückpreis damals zwei Mark. Dann ist er expandiert, hat Videos gekauft und verkauft. Der war schon in jungen Jahren ein richtiger Unternehmer.“

Erziehung und Expansion

Wie der Vater, so der Sohn – eine Erziehungsmaxime, die aus sich selbst heraus entstanden ist, ohne Druck und Zwang, das Gleiche zu tun wie der Vater. „Eltern sollten sich kümmern“, fasst Frank Schnabel zusammen. „Man muss Kindern Freiheit geben. Verantwortung für sie übernehmen und nicht erwarten, dass das irgendwie schon geregelt wird.“ Ob ein Wettbewerb darum läuft, wer mehr und schneller expandiert, Vaters Häfen oder die Fahrradläden des Sohnes, verrät er nicht – aber um Wachstum um des Wachstums willen geht es ihm nicht. Risikofreude durch eine fundierte, offene Ausbildung, Anleitung und Vertrauen der Eltern das vorzuleben, reicht dem Hafenchef vollkommen.

TEXT Christian Bock
FOTO Marianne Lins

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Steckbrief

Name
Frank
Vater von
einem Sohn
Beruf
Geschäftsführer Brunsbüttel Ports und Schramm Group GmbH

Leitbild

Mein Vater war Dreher bei Siemens und dadurch in seiner „Schichtarbeiterwelt“ zu Hause. Für ihn hätte es völlig gereicht, wenn ich einen Beruf ergriffen hätte, der mir Sicherheit bietet. Mein innerer Antrieb sagte mir, dass ich mehr will. Ich habe mich beruflich dreimal umorientiert, bis ich wusste, wohin ich gehe.

Leitfaden

Ich habe in den USA gearbeitet, da ist das Thema Selbstständigkeit viel ausgeprägter. Da darf man auch scheitern. In Deutschland ist es so, wenn man sagt, ich mache mich selbstständig, dann kommen sofort Leute und sagen: Lieber nicht. Scheiterst du, dann bist du nicht mehr in der Lage, deinen Berufsweg zu gehen. Wir müssen unsere Kultur ändern. Scheitern muss möglich sein, um seinen Weg zu gehen.

Elternblick

Im ersten Semester seines Studiums kam mein Sohn und sagte: Du, Papa, ich will eine Firma gründen, die soll Bambusfahrräder bauen. Da habe ich nicht sofort gesagt, tolle Idee. Ich fragte: Weißt du, was du tust? Und er sagte Ja, ich weiß, was ich tue. Dann habe ich ihn unterstützt. Wir müssen Kindern beibringen, mutig zu sein.

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